Grünkohl mit Pinkel
nach Bremer Art

Rezept | 12. Januar 2020

Kaum gab es den ersten Frost, kommen die Bremer*innen aus ihren Löchern gekrochen, bewaffnet mit Bollerwagen, Brezeln, Pintchen (Schnapsgläser mit Henkel), Bier und Schnaps. Manch einer*einem Auswärtigen mag das absonderlich vorkommen. Warum treffen diese merkwürdigen Fischköppe sich denn ausgerechnet zur kältesten Zeit des Jahres draußen zum Trinken, wenn direkt nebenan die Kneipe mit muckelig warmen Temperaturen und frisch Gezapftem wartet? Ganz einfach: Die Kohlsaison hat angefangen! Das bedeutet für uns Norddeutsche: Die Kohltouren gehen wieder los!

Die Tradition der Kohltour bzw. Kohlfahrt geht zurück auf das 19. Jahrhundert, als im Raum Bremen und Oldenburg wohlhabende Geschäftsleute mit ihren Pferdewagen von der Stadt in die ländlichen Gasthöfe fuhren, um dort den Grünkohl zu verzehren – üblicherweise begleitet von einer nicht unerheblichen Menge alkoholischer Getränke. Grünkohl war eine der wenigen Gemüsearten, die im kargen Norddeutschland im Winter noch wuchsen und sogar erst dann ihren vollen Geschmack entfalteten. Aus dem Pferdekarren wurde mit der Zeit ein Bollerwagen, doch die Tradition wurde aufrecht erhalten und weiterentwickelt.

Und so sieht man noch heute vor allem in den ersten drei Monaten des Jahres vermehrt kleine und große Grüppchen mit dem Wagen durch die Landschaft rund um Bremen und Oldenburg ziehen. Im Gepäck haben sie dabei meist Bier, Schnaps, Brezeln und Spiele. Denn um sich auf dem Weg zum Gasthof warm zu halten und die Zeit zu vertreiben, wird auf der Strecke hin und wieder halt gemacht und ein kleines Spiel gespielt. Zu den Klassikern gehören dabei Teebeutel-Weitwurf, Boßeln oder Eierlauf (bzw. die vegane Version: Kartoffellauf). Mein persönlicher Liebling ist „Tampon in die Flasche“, eine leicht abgewandelte Version von „Stift in die Flasche“, bei der es darum geht, einen mit einer Schnüre um die Hüfte gebundenen Tampon in einer mit etwas Wasser gefüllten Bierflasche zu versenken (ohne die Hände zu nutzen versteht sich) und damit bis über eine Ziellinie zu laufen, ohne dass die Flasche herunterfällt – und das am besten noch schneller als der Gegner. Falls du für deine Kohlfahrt noch Inspiration suchst, schau doch mal hier: bremen.de.

Leider gibt es in Bremen noch nicht allzu viele Restaurants, die neben ihrem Standard-Kohl auch eine vegane Variante anbieten. Einige habe ich aber auf der Seite „Vegane Kohltour“ für dich gesammelt. Und vielleicht möchtest du ja auch einfach selbst Kohl kochen. Dann habe ich für dich mein ultra-geheimes uraltes Familien-Kohlrezept rausgekramt und es veganisiert *hust*. Okay, ich hab einfach in den letzten Jahren ein eigenes Lieblings-Kohlrezept entwickelt. Und das möchte ich nun gern mit der Welt teilen.

Aber vorab sollten wir die wohl wichtigste Frage klären: Was ist mit der Pinkel!? Manch ein*e Neu-Veganer*in sah sich vielleicht schon einer Zukunft ohne Pinkel gegenüber. Aber mitnichten! Denn ausgerechnet einige Schlachter haben vegane Pinkel entwickelt und so muss auch hierauf nicht verzichtet werden. Mein bisheriger Favorit ist die Pinkel von der Fleischerei Prott aus Lesum. Die ist mit ihren Ständen auf den Wochenmärkten in Hastedt (Bei den Drei Pfählen) und Schwachhausen (Benqueplatz) vertreten und betreibt außerdem einen Werksverkauf in Lesum. Außerdem habe ich für dieses Rezept noch zwei andere Pinkel getestet. Zum einen die Bio-Pinkel Bremer Art vom Biohof Bakenhus, die es unter anderem bei Aleco und Alnatura gibt. Zum anderen die Veggie-Pinkel von Friebel, zu bekommen z.B. bei Rewe und Edeka.

Vegane Bio-Pinkel Bremer Art von der Fleischerei Prott
Vegane Bio-Pinkel Bremer Art von Biohof Bakenhus
Veggie Bremer Pinkel von Friebel

Die Pinkel der Bio-Fleischerei Prott ist mein persönlicher Favorit (auch wenn das Schlangestehen vor dem Fleischwagen echt nicht angenehm ist). Die Pinkel ist relativ grob und schmeckt recht rauchig und sehr deftig. Die Bio-Pinkel vom Bakenhus hatte ich vorher auch schon einige Male und finde sie ebenfalls sehr lecker, auch wenn sie leider etwas klein ist, was aber bei den großen Portionen Grünkohl und anderer Vurst nicht weiter stört. Sie hat eine eher festere, gröbere Konsistenz und einen fein würzigen Geschmack. Die Veggie-Pinkel von Friebel hatte ich nun zum ersten Mal, da sie bisher meist vergriffen war und nur die Etiketten vor der leeren Reihe des Kühlregals von ihrer Existenz zeugten. Dieses Mal hatte ich aber mehr Glück. Die Veggie-Pinkel ist von der Konsistenz eher weich und sehr würzig. Mir persönlich schmeckte die etwas körnigere Bio-Pinkel besser.

Eigentlich gab es zu Kohl & Pinkel früher immer Kasseler und Kochwurst. Aber leider gibt es keinen „richtigen“ veganen Kasseler mehr, da Wheaty ihren „Kasseler 2.0“ vor einiger Zeit vom Markt genommen hat. Aber stattdessen gehen auch z.B. die Seitan-Medallions von Wheaty* oder du versuchst es mal mit einem eigenen Seitan-Kasseler. Als Grundlage dafür könnten Seitan-Fix* und das Seitan How-To von eat this dienen. Als Ersatz für die klassische Kochwurst nehme ich gerne eine etwas gröbere Bratwurst, wie z.B. die Bratwurst von Beyond Meat, Garden Gourmet oder die Bauernknacker von Wheaty*.

Zum Nachtisch gibt es traditionell meist Rote Grütze mit Vanillesauce oder Vanilleeis.

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Zutaten
für 6 Portionen

Für den Grünkohl

  • 1,5 kg Grünkohl (tiefgekühlt)
  • 75 g pflanzliches Schmalz*
  • 4 Zwiebeln
  • 200 g Räuchertofu*
  • 3 EL Hafergrütze (oder 5 EL zarte Haferflocken)
  • Salz (ca. 2 EL)
  • Senf, mittelscharf* (ca. 5 EL)
  • Piment (ca. 4 TL)
  • Senfkörner (ca. 2 EL, optional)
  • Muskat (ca. 1 TL, optional)

Beilagen

So geht‘s
Zubereitungszeit: ca. 75 Minuten

1. Die Zwiebeln würfeln, den Räuchertofu in ca. 0,5cm große Würfel schneiden. Schmalz in einem großen Topf zergehen lassen und den Tofu für ca. 3-5 Minuten darin anbraten. Anschließend die Zwiebeln hinzugeben und unter gelegentlichem Rühren weiterbraten, bis sie glasig sind.
4 Zwiebeln, 200 g Räuchertofu, 75 g Schmalz

2. Den Kohl hinzugeben und mit ca. 250 ml Wasser aufgießen und salzen. Keine Panik, wenn anfangs nicht der gesammte Kohl in den Topf passt. Der fällt schnell zusammen, sodass man den restlichen Kohl nach und nach hinzugeben kann. Anschließend aufkochen und bei mittlerer Hitze und geschlossenem Deckel 30 Minuten köcheln lassen. Dabei hin und wieder umrühren.
1,5 kg Grünkohl, 250 ml Wasser, Salz

3. Nach 30 Minuten die Hafergrütze (oder Haferflocken) und ggf. Senfkörner hinzufügen und unterrühren.
3 EL Hafergrütze, Senfkörner (ca. 2 EL, optional)

4. Jetzt geht‘s ans Würzen. Den Kohl mit Senf, Piment, Salz und ggf. Muskat abschmecken. Die Mengenangaben in der Zutatenliste sind nur ungefähre Richtwerte. Die genaue Menge hängt von deinen persönlichen Vorlieben und den verwendeten Gewürzen ab. Bedenke dabei auch, dass der Kohl noch etwas durchzieht und die Gewürze ihren Geschmack intensivieren.
Senf (ca. 5 EL), Piment (ca. 4 TL), Muskat (ca. 1 TL, optional), Salz

5. Pinkel, Würste und Kasseler auf den Kohl legen und leicht eindrücken. Den Kohl weitere 30 Minuten, oder bis die Pinkel durch ist, köcheln lassen, dabei gelegentlich umrühren.
6 Pinkel, 6 Würste, 6 Kasseler

6. Währenddessen die Kartoffeln schälen, größere Kartoffeln halbieren und in reichlich gesalzenem Wasser ca. 20 Minuten kochen lassen. Die Kartoffeln sind gar, wenn du mit einem Messer reinstechen kannst und sie einfach wieder vom Messer rutschen. Optional kannst du die Kartoffeln hinterher in einer Pfanne kurz in etwas Margarine anbraten und mit etwas Petersilie bestreuen.
Tipp: Wenn du noch Kartoffeln vom Vortag hast, schmeiß sie einfach mit zu dem Kohl in den Topf.
1,5 kg Kartoffeln, Salz, Margarine (optional), Petersilie (optional)

7. Alles auf Tellern anrichten und zusammen mit einem Klecks Senf servieren. Dazu gehören natürlich ein schönes, kühles Pils und ein Korn als „Nachtisch“. Falls du noch Lust auf einen richtigen Nachtisch hast, gehört klassischerweise Rote Grütze mit Vanillesauce auf den Tisch.
Senf

Nährwerte pro Portion (für den Kohl): Kalorien: 349 kcal | Kohlenhydrate: 17 g | Eiweiß: 20,4 g | Fett: 18,8 g

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